Kurier-Journal

Im Kopf ganz schön stolz auf das Platt

Positive Einstellung zum Dialekt

(Fortsetzung von Seite 1)

Eifel. – „Es geht dabei darum, ohne Überlegung auf bestimmte Kombinationen zu reagieren und so herauszufinden, welche positiven oder negativen Gefühle mit dem Dialekt assoziiert werden“, erklärt Judit Vari. Ihre Erkenntnis: „Wenn man direkt fragt, also nach den expliziten Einstellungen, dann kommt eine sehr positive Einstellung zum Dialekt heraus. Bei den Reaktionszeitexperimenten zeigt sich aber, dass die Mehrheit der Eifeler implizit das Hochdeutsche bevorzugt.“ Das heißt: Im Kopf findet die Mehrheit der Befragten den Dialekt gut und wichtig. Ganz tief innen, unbewusst, ist aber das Gefühl, dass er vielleicht nicht gut genug ist und das Hochdeutsche die bessere Variante sei.

Welche Rückschlüsse kann man nun daraus für die Sprache ziehen? Bringt dies nicht die Gefahr mit sich, dass der Dialekt irgendwann verschwindet. „Wir handeln im Endeffekt so, wie wir denken und fühlen. Wenn ich etwas nicht mag, dann mache ich es nicht“, erklärt die Sprachwissenschaftlerin. Die Frage sei allerdings, welche Einstellung nun die echte ist, die, nach der gelebt wird. Dazu bemüht Judit Vari ein lebensnahes Beispiel: „Stellen Sie sich vor, Sie fahren Auto. Die Kinder sitzen auf der Rückbank, es gibt eine Riesenquengelei, einer zieht dem anderen am Haar. Sie drehen sich herum und sagen etwas. Sie haben also nicht viel Zeit nachzudenken. Platt oder Hochdeutsch?“

In diesem Fall würde die Person eher der impliziten, automatischen Einstellung folgen und sich auf Hochdeutsch an die Kinder richten. Aus Studien zu anderen Themen, beispielsweise zu Minderheiten oder Rassismus, sei bekannt, dass die expliziten, also überlegten Einstellungen oft zukunftsweisend sind. „Diese zeigen, wie die Menschen sein möchten. Das erste, was positiv ist, ist immer die explizite Einstellung und manchmal folgt danach die implizite. Es könnte also sein, dass das Bewusste das Unbewusste beeinflusst. Und dann würde ich sagen: Da ist Hoffnung, weil die Menschen bewusst den Dialekt sehr wertschätzen“, blickt Judit Vari in die Zukunft.

Keine signifikanten

Unterschiede in Alter

und Geschlecht

Sowohl das Alter als auch das Geschlecht der Teilnehmer hat sie in ihrer Untersuchung berücksichtigt. „Tatsächlich sind Erwachsene mit verschiedenen Einstellungen zum Dialekt aufgewachsen.

Mittlerweile ist uns allen klar, wie wichtig ein Dialekt für das Selbstwertgefühl ist“, erklärt sie. Frauen sind aus sprachwissenschaftlicher Sicht interessanter als Männer, da sie meist die Haupt-Betreuungsperson für die Kinder sind und von daher den größeren Einfluss auf die Sprachentwicklung haben. „Meine Studie zeigt keine statistisch bedeutsamen Unterschiede, weder beim Geschlecht noch beim Alter“, sagt sie heute. Das habe sie selbst überrascht.

Die Studienergebnisse sind mittlerweile in der wissenschaftlichen Welt veröffentlicht. Die Online-Veranstaltung soll nun weniger dazu dienen, die Ergebnisse in Zahlen und Grafiken zu präsentieren, sondern die Sprachwissenschaftlerin sucht den Austausch mit den Teilnehmern. „Mich interessiert zum Beispiel, was die Frauen dazu sagen, dass sich kein Unterschied zwischen den Geschlechtern zeigt. Auch möchte ich wissen, ob sie erstaunt sind, dass der Dialekt unbewusst gar nicht so positiv besetzt ist oder ob sie sagen: ‘Ganz ehrlich: Ich hab mir schon gedacht, dass da tief in mir was sitzt.’ Wie unbewusst ist dieses Unbewusste, das interessiert mich sehr.“

Mittlerweile ist Judit Vari übrigens als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uni Konstanz tätig. In ihrer aktuellen Forschung beschäftigt sie sich mit der Frage, welche sprachlichen Merkmale dazu beitragen, dass Politiker als charismatisch empfunden werden.

(Quelle: GrenzEcho)

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