Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit künftiger touristischer Nutzung
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St.Vith. – Aus Matzeraths Sicht fehlen aktuell noch entscheidende Informationen, um sich ein vollständiges Bild zu machen: „Durch die bisherigen Grabungen ist nur ein Bruchteil der Burg bislang wirklich bekannt“, sagt er. Die künftige Geschichtsvermittlung an der Burg St.Vith bedürfe jedoch einer belastbaren wissenschaftlichen Grundlage.
Die aktuellen Baubefunde der St.Vither Burg eignen sich aus seiner Sicht noch nicht für eine enge bautypologische Datierung, „wenn man zunächst objektiv distanziert gegenüber dem wichtigen Fixdatum ‘um 1350’ bleiben möchte“. Weitere Untersuchen sollen zeigen, wie das „Ensemble von Kirche und Burg“ chronologisch zur Stadtmauer steht. Künftige Grabungen sollten aus Sicht des Experten „ergebnisoffen“ angelegt sein. Ganz gezielt empfiehlt er, nicht nur die Anschlüsse an die Stadtmauer und den Innenbereich weiter zu untersuchen, sondern auch den außen liegenden Graben systematisch bis zur Sohle freizulegen. Dort könnten Funde erlauben, Rückschlüsse auf das Grabenalter zu ziehen sowie durch sogenannte archäobotanische Proben Abfälle im Hinblick auf die Ernährung und die frühere Landschaftsnutzung zu analysieren.
Simon Matzerath spricht in seinem Text von der „Chance, durch Bündelung der Kompetenzen und Kräfte, die Burg St.Vith als Vorzeigeprojekt der ostbelgischen Denkmalpflege zu erforschen und touristisch zu erschließen“. Ein Best-Practice-Beispiel, das sich 1:1 auf St.Vith übertragen lasse, gebe es nicht, da jede touristisch erschlossene Burganlage von komplett unterschiedlichen Bedingungen eingerahmt sei. So werde es in St.Vith nie begehbare Räume oder ein Gefühl von Burgleben geben, sondern nur teilweise freigelegte archäologische Reste der Ruine.
Auch wenn dies in Zukunft keinen primären Reiseanlass für Besucher aus größerer Entfernung darstellt, sieht er die Burg als „qualitative Erweiterung“ des touristischen Angebots neben Veranstaltungen im Triangel, der Gastronomie sowie den vielseitigen Geschäften. Besser erhaltene Burgen in der Eifel wie Reinhardstein, die Burg Reuland in Luxemburg oder Vianden seien gegenüber St.Vith klar im Vorteil, schließt Simon Matzerath, dass das mittelalterliche Bauwerk nicht unbedingt „nennenswerte Zahlen neuer Touristen“ bringe.
Konkret stellt er sich die Burg eingebunden in eine „angemessene und thematisch passende Parkanlage vor, die „jenseits des Stadtparks am Büchelturm auf der anderen Seite der Hauptverkehrsader der Stadt (Hauptstraße) eine zweite kulturelle Naherholungsmöglichkeit bietet“.
Der der Burg vorgelagerte Graben sollte vollständig rekonstruiert werden, „weil erst dadurch die erhaltenen Mauerbefunde im Kontrast und thronend hinter der tiefen Grabensohle einen Eindruck ihrer ursprünglichen Monumentalität zurückerhalten“.
Der Nachteil sei, dass damit die unbebaute Fläche vor der Burgruine drastisch verkürzt werde. Dieser biete natürlich Möglichkeiten, für Veranstaltungen mit der Ruine als Kulisse genutzt zu werden.
Deutlich spricht Simon Matzerath sich dafür aus, den Blick in Richtung Tal nicht zu verbauen – dies mit Blick auf die Gegebenheiten im Mittelalter. Möglichkeiten zur Vernetzung sieht der Experte mit dem benachbarten ZVS-Museum und dem touristisch stark frequentierten Ravelweg. So könnten die Geschichte der Burg und die archäologischen Funde in dem nur 200 Meter von der Fundstelle entfernt liegenden Museum präsentiert und mit der Geschichte der Region in Zusammenhang gesetzt werden.
Die Präsentation schlecht erhaltener, für Laien oft undefinierbarer Funde direkt an der Burg hätten aus seiner Sicht ganz abgesehen von den Kosten keinen touristischen Mehrwert.
Was aus diesen Ideen wird, damit beschäftigt sich derzeit eine Arbeitsgruppe unter Federführung der Stadt St.Vith, der auch fachkundige Experten zur Seite stehen.
Auch aus Sicht von Ministerin Isabelle Weykmans ist der regionalgeschichtliche und identitätsstiftende Wert der Entdeckung unbestritten. „Der historische Fund ist nur ein Teil des Ganzen“, sagt sie. „Mit Spannung erwarte die DG das Ergebnis der Arbeitsgruppe, der sie im Rahmen der Möglichkeiten, die das Denkmalschutzdekret bietet, jetzt und künftig zur Seite steht, um das freigelegte Zeugnis für die gesamte Bevölkerung erlebbar zu machen“, so die Ministerin. In welcher Form, das wird die Zukunft zeigen.
(Quelle: GrenzEcho)
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