Kurier-Journal

St.Vith hat seinen Fair-Teiler

St.Vith.- Schon lange lagen die Pläne in der Schublade, nun steht er an Ort und Stelle: der erste Fair-Teiler mit dem nicht-benötigte Lebensmittel in St.Vith zu neuen Besitzern finden können.

Der St.Vither „Ableger“ der Gruppe Foodsharing Ostbelgien hat das Projekt gemeinsam mit der VoG Patchwork auf den Weg gebracht. Auf dem Parkplatz des Sport- und Freizeitzentrums in der Rodter Straße ist der selbstgebaute, übrigens recht schmucke Schrank zu finden. „Wir haben das Glück, dass wir einen Schreiner in unserer Gruppe haben“, sagt Katrin Reuter, die als Koordinatorin von Patchwork in dem Projekt aktiv ist. In hellem Grün gestaltet, mit einem bunten Schild, der ihn als Fair-Teiler erkennbar macht, steht der kleine Schrank in der unteren Ecke des Parkplatzes und wartet nun quasi darauf gefüllt zu werden.

Das Konzept richtet sich an jeden, nicht nur an Personen mit niedrigem Einkommen.

Im Norden der Deutschsprachigen Gemeinschaft ist das Foodsharing-Netz schon weit ausgebreitet und deckt mittlerweile alle vier Gemeinden ab. Die (zu) üppige Ernte im Garten, die Dose Bohnen, die im Vorratsschrank schon lange einen Platz belegt und wohl nie benutzt wird, oder die Reste vom Kuchen, weil der Hunger dann doch nicht so groß war: Im Fair-Teiler können alle die Lebensmittel eine neue Verwendung finden, die sonst im Müll landen würden. Das Konzept ist nicht darauf angelegt, Personen mit einem niedrigen Einkommen zu unterstützen, sondern richtet sich an jeden, der dazu beitragen möchte, Abfall und besonders die Verschwendung von Lebensmitteln zu vermeiden. Die VoG Patchwork, die in der Bleichstraße angesiedelt ist, hat bereits mehrere Initiativen ins Leben gerufen, die in diese Richtung zielen. Da wäre beispielsweise der Bücherschrank direkt gegenüber den Räumlichkeiten der VoG, der gerade in Coronazeiten oft gut gefüllt ist und in dem ausgediente Bücher neue Besitzer finden können.

„Wir möchten vermitteln, dass nicht unbedingt alles etwas kosten muss und vor allem vermeiden, dass Dinge weggeschmissen werden“, erklärt Katrin Reuter, die gemeinsam mit ihrer Kollegin Beatrice Schäfer die Aktivitäten der VoG hauptberuflich (halbtags) koordiniert. Auch Kleidertauschbörsen oder die Reparaturwerkstatt, in der viele Dinge des alltäglichen Lebens wieder funktionstüchtig gemacht werden, zielen in die gleiche Richtung.

Seit über einem Jahr ist die Arbeit des Patchworks durch Corona sehr stark eingeschränkt. Die Einrichtung versteht sich als Ort der sozialen Begegnung, an dem man Wissen und Erfahrungen austauschen und anderen Menschen begegnen kann. „Was unsere Besucher suchen, sind Geselligkeit und eine Möglichkeit, aktiv am sozialen Leben teilzunehmen.

Und gerade dies ist im Moment sehr schwierig“, erklärt die Koordinatorin. Bis auf wenige Ausnahmen sind die Kursangebote und Treffen derzeit auf Eis gelegt. Einmal die Woche wird ein gemeinsamer Spaziergang organisiert, „aber dies ist wetterabhängig und kann nur sehr begrenzt das fehlende Angebot ersetzen“, so Katrin Reuter. Wenn die Kontaktbeschränkungen aufgehoben werden, wird man nicht einfach dort anknüpfen können, wo man aufgehört hat, glaubt Katrin Reuter. „Viele Menschen haben im letzten Jahr sehr zurückgezogen gelebt und sind teilweise auch sehr einsam gewesen. Sie werden erst einmal wieder in das Sozialleben zurückfinden müssen.“ Auch steht nicht fest, wie groß die Equipe der Ehrenamtlichen sein wird, die das Angebot des Patchworks gestaltet. Auf der einen Seite sind in den letzten Monaten neue Helfer hinzugekommen, die gerade in der Coronazeit entschieden haben, sich sozial zu engagieren, auf der anderen Seite sind Helfer ausgeschieden, weil sie zur Risikogruppe gehören. Nun ist nicht klar, ob und wann sie wieder zurückkehren.

„Wir werden in vielen Überlegungen neu starten müssen“, glauben die hauptamtlichen Mitarbeiter. Der Fair-Teiler war eines der wenigen Vorhaben, die auch in Zeiten von Corona umgesetzt werden konnten. Der Standort am Sport- und Freizeitzentrum ist nun vorläufig für die Dauer von einem Jahr von der Gemeinde genehmigt, dann möchte man die Erfahrungen auswerten. Die Regeln für die Nutzung sind an Ort und Stelle erklärt: Die Nutzung und Beteiligung ist für alle kostenlos, d.h. jeder kann sich in dem Schrank bedienen und/oder Lebensmittel hinterlegen. Es wird vorausgesetzt, dass die Nutzer verantwortungsvoll mit den Spenden und der Einrichtung umgehen. Sprich: Es sollten nur die Lebensmittel hinterlegt werden, die man auch selbst noch verzehren würde.

Tabu sind Alkohol und Nahrungsmittel, die gekühlt werden müssen.

Grundsätzlich tabu sind alle Nahrungsmittel, die gekühlt werden müssen, Alkohol und selbst gesammelte Pilze. Die Initiatoren gehen davon aus, dass auch jeder Nutzer sich verantwortlich fühlt und beispielsweise Verdorbenes, das er vorfindet, entsorgt, dafür Sorge trägt, dass die Tür richtig verschlossen ist usw. Alle zwei bis drei Tage wird aber auch ein Mitglied der Food sharing-Gruppe St.Vith vor Ort nach dem Rechten sehen und Fotos vom Inhalt machen, die dann auf der Facebook-Seite gepostet werden. Neben Nahrungsmitteln können übrigens auch Hygieneartikel hinterlegt werden. Was nun noch fehlt, sind aktive „Foodsaver“, die ihre Lebensmittel spenden und vor allem auch die Nutzer, die diese dann verzehren. „Wir haben bei anderen Angeboten schon festgestellt, dass viele Leute es sehr viel leichter haben, etwas zu geben als sich etwas zu nehmen“, sagt Katrin Reuter.

Fragen und Anregungen nimmt das Patchwork unter Tel. 080-33 04 11 oder 0472-72 23 00 (auch WhatsApp) bzw. E-Mail info@patchwork-vog.be entgegen.

(Quelle: Grenzecho)

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