Neuer ZVS-Film erschienen
St.Vith. – Im Dezember 1944 befiehlt Hitler eine letzte entscheidende Schlacht gegen die alliierten Invasionstruppen im Westen. Mit der Ardennenoffensive rückt der strategisch wichtige Verkehrsknotenpunkt St.Vith in den Fokus der gegnerischen Streitkräfte. An den beiden Weihnachtstagen 1944 bricht dann das Inferno über St.Vith herein, als alliierte Bomber die Stadt in Schutt und Asche legen.
Nur allmählich treten die Geflüchteten wieder den Heimweg an. Der Schock sitzt tief, als sie nach ihrem Zuhause in der total zerstörten Stadt suchen. Die amerikanische Armee rückt mit schwerem Gerät an, um die Bombentrichter zuzuschütten und die wichtigen Verkehrswege wieder freizuschaufeln. Amerikanische Besatzung und belgische Behörden arbeiten Hand in Hand, um die ausgebombten Bewohner mit Hilfsgütern zu versorgen.
Zahlreiche Zeitzeugen, die damals noch Kinder oder Jugendliche waren, berichten von ihren Erlebnissen aus jener schwierigen Zeit des Neubeginns zwischen Trümmern und Ruinen.
In der zu über 90 % zerstörten Stadt übernimmt der belgische Staat die Organisation der Aufräumarbeiten. Beauftragt werden die beiden Brüsseler Firmen Socol und Tedesco. Bürgermeister Freres fordert den Bau von Notwohnungen, und schließlich erklärt sich das Ministerium für öffentliche Arbeiten bereit, Privatgelände in St.Vith zu pachten, auf dem dann Behelfsheime für die notleidenden Bewohner errichtet werden. Es dauert aber noch bis Mai 1946 bis endlich die ersten Menschen in das neu entstehende Viertel am nördlichen Stadtrand einziehen können.
Größtenteils versorgen sie sich selber: Sie sammeln Holzvorräte und legen einen kleinen Garten an, und um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, sind viele auf der Suche nach einer Arbeit.
Neben Privatwohnungen entstehen auch Bauten, in denen Geschäftsleute wieder ihre Waren anbieten können. Fast alle Berufe sind in der Neustadt vertreten. Staatliche Dienste und Behörden werden ebenfalls in der Neustadt angesiedelt.
Anfangs gibt es in den neuen Wohnungen weder fließendes Wasser noch Strom; die Notdurft ver-
richten die Bewohner in einer der 10 öffentlichen Latrinen.
Die Kinder finden inmitten der Neustadt auf dem Place Verte schnell zueinander und knüpfen Freundschaften, die oft ein ganzes Leben lang halten. Da es keine sozialen Unterschiede gibt, verbringen die meisten von ihnen dort eine eher unbeschwerte glückliche Zeit.
Auf eine wesentliche Verbesserung der Lage müssen die Bewohner der Neustadt lange warten. Weil Genehmigungen nicht vorliegen und Material nicht rechtzeitig geliefert wird, werden sie erst zwei Jahre nach dem Einzug in die Behelfsheime mit Strom- und Wasserleitungen versorgt. Nach und nach entwickelt sich das soziale Leben. In einer hölzernen Notkirche nehmen die Menschen wieder an einem Gottesdienst teil; Kinder und Jugendliche besuchen ab September 1946 wieder eine Schule.
Nachdem die Kriegsentschädigungen geregelt sind, können die St.Vither wieder ihre Häuser oder Geschäfte in der Stadt aufbauen; ab 1947 beginnt eine rege Bautätigkeit. Nach alter St.Vither Tradition blühen Handel und Handwerk wieder auf; viele Vereine werden wieder aktiv und lassen die Menschen optimistisch in die Zukunft blicken. Erst in den 1960er Jahren verringert sich die Nachfrage nach Wohnraum in der Neustadt. Die Behelfsheime werden auf Abriss verkauft, und an ihre Stelle treten Häuser des sozialen Wohnungsbaus.
Damit endet wohl eines der schmerzlichsten Kapitel der St.Vither Geschichte.
Gesamtspieldauer: 115 Min. – filmische Bearbeitung: Walter Langer – Sprecher: Hugo Lampertz
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