Kurier-Journal

Bürger finanzieren Windpark in Emmels

Emmels.- Die öffentliche Vorstellung der Erweiterung des Windparks Emmelser Heide fand am Freitagabend in Form einer interaktiven Videoübertragung statt. Die Teilnehmer konnten abschließend ihre Fragen stellen, die sich insbesondere auf den finanziellen Aspekt und die Bürgerbeteiligung fokussierten. Bekanntlich haben sich die Aktionäre der Windfarm St.Vith AG für die sogenannte „Crowdlending“-Finanzierung entschieden.

Vier Windräder mit einer maximalen Gesamthöhe von 180 Metern, einer Einheitsleistung von 3 bis 4,5 MW pro Anlage und einem Rotordurchmesser von 130 Meter sollen in Erweiterung des bestehenden Windparks Emmelser Heide entlang der Autobahn E42 entstehen. Projektträger ist die Windfarm St.Vith AG, deren Aktionäre Enovos Green Power, BMR energy solutions GmbH, die Bank Degroff Petercam und die Gemeinde St.Vith sind. Stellvertretend übernahm Guido Beckers (BMR) anlässlich der Projektvorstellung, die im Netz von rund 45 Teilnehmern verfolgt wurde, das Wort für die Teilhaber.

Wie der BMR-Geschäftsführer betonte, trage das Projekt dem Referenzrahmen und dem Gesetzbuch der räumlichen Entwicklung Rechnung. Die Entfernung zu Wohngebieten beträgt mindestens 720 Meter, das Projekt befindet sich außerhalb von Schutzgebieten und das Prinzip der Gruppierung von Infrastrukturen mit einer parallelen Ausrichtung zur Autobahn wird eingehalten. Die Windräder entstehen in einem Nadelwald, was gestattet ist, weil dieser laut Gesetzgeber einen niedrigeren Nutzen als ein Mischwald hat. Mit der Umweltverträglichkeitsstudie wird das Büro CSD beauftragt. Diese wird ein Jahr in Anspruch nehmen. Der Antrag auf Genehmigung dürfte im 2. Quartal 2022 eingereicht werden.

Der Windpark wird laut Betreiber voraussichtlich 36 GWh Energie pro Jahr produzieren, was dem jährlichen Verbrauch von rund 10.000 Haushalten entspreche. Die Anlagen werden ausschließlich auf kommunalen Grundstücken aufgestellt, was wiederum eine jährliche Gebühr in die Kassen der Stadt spült. Auch besitzt die Gemeinde Anteile an der AG Windfarm sowie ein Vorkaufsrecht, sollte ein Partner aussteigen wollen.

Die Bürger können sich über ein sogenanntes „Crowdlending“ am Projekt beteiligen. Dabei steuern Privatpersonen selbst gewählte Geldbeträge bei, die zu einem Kredit zusammengefasst werden. Innerhalb einer vereinbarten Zeitspanne erhalten die Kreditgeber die einbezahlte Summe plus die vereinbarten Zinsen zurück. Es handelt sich also weder um eine Spende noch um Anteile an einer Gesellschaft, sondern ganz einfach um ein Darlehen.

Die Windfarm AG hat die Plattform Ecco Nova als Mittler beauftragt. Die Seite präsentiert ausschließlich nachhaltige Projekte und erhält bei jeder Veröffentlichung eine Kommission.

„Wir bieten Projektentwicklern an, sich direkt über Privatpersonen zu finanzieren. Letztere wählen die Projekte aus, die sie unterstützen möchten und mit denen sie ihren Ersparnissen einen Sinn geben möchten“, erklärte Roos Meijs den Zuhörern die Zweckbestimmung von Ecco Nova.

Je nach Risiko bieten die Projekte in der Regel eine Bruttojahresrendite zwischen zwei und sechs Prozent für eine Laufzeit zwischen zwei und zehn Jahren. Wie die Rahmenbedingungen für das Projekt in St.Vith aussehen werden, wird sich erst klären, wenn die Umsetzung des Vorhabens gesichert ist. Ecco Nova führt laut eigener Aussage eine unabhängige Analyse der mit der vorgeschlagenen Investition verbundenen Risiken durch und veröffentlicht einen rechtlichen Hinweis. Die Einwohner der Gemeinde St.Vith haben Priorität. Sollte die erforderliche Summe jedoch nicht erreicht werden, können sich auch auswärtige Bürger beteiligen.

Eine Voranmeldung, um auf dem neuesten Stand zu sein, ist möglich. Ecconova.com ist aber aktuell nicht auf Deutsch zugänglich, doch hat die Plattform zugesichert, die Seiten in Verbindung mit der Windfarm übersetzen zu wollen. Die Plattform besitzt bereits 10.000 Mitglieder und ist die zweitgrößte „Crowdlending“-Seite Belgiens. 45 Projekte wurden seit der Gründung bereits platziert und insgesamt 25 Millionen Euro zusammengetragen. Auf die Zinsen muss der Belgier 30 Prozent Steuern zahlen. Laut „Ecco Nova“-Gründer Quentin Sizaire laufen aber die Gespräche mit dem Föderalstaat, um den Satz abzusenken.

Manche Zuhörer wünschten sich eine größere Beteiligung.

Es war nicht verwunderlich, dass der finanzielle Aspekt die abschließende Fragerunde beherrschte. Diesbezüglich herrschte bereits Uneinigkeit zwischen der Mehrheit und der Opposition im St.Vither Stadtrat. Die Kritik: Das Prinzip der Bürgerbeteiligung werde nicht ausreichend berücksichtigt. Zwar gäbe es das „Crowdlending“, doch könnten sich die Privatpersonen nicht direkt oder über eine Genossenschaft am Projekt beteiligen. Guido Beckers, der mit dem Verweis, dass dies nicht Gegenstand der Informationsversammlung sei, nicht auf jede Frage antwortete, begründete die Vorgehensweise mit den verbundenen Risiken, insbesondere während der Bauphase. Eine Volatilität des Windverhaltens und der Strompreise sei nie komplett auszuschließen. Das „Crowdlending“ sei in seinen Augen „ein vernünftiger Weg mit vernünftigen Renditen“, um den Bürger zu beteiligen. Die zahlreichen Anregungen nahm der Vertreter der Aktionäre aber laut eigener Aussage auf.

Eine Aufnahme der Infoversammlung ist am 6. und 7. Mai online zugänglich. Das Projekt kann auch im Rathaus eingesehen werden. Bemerkungen können bis zum 22. Mai an die Stadt St.Vith und die Windfarm gerichtet werden. Mehr Infos unter www.windfarm.be.

(Quelle: Grenzecho)

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