Waldbegehung mit Experten
(Fortsetzung von Seite 1)
Büllingen/Amel. – Für die Gemeindekasse sei dies natürlich interessant, weil jedes Jahr um die 25.000 Festmeter zum Verkauf geliefert werden. Ob es dieser und dem Wald auch langfristig diene, sei jedoch höchst fraglich. „Das kann jeder. Dafür muss man nicht studieren“, so der Forstbeamte deutlich. Der Forst- und Waldexperte Georg Josef Wilhelm unterstützt die Forstbeamten in ihren Überlegungen: „Ich will hier nicht den Schlaumeier spielen, aber bisher haben Sie hier oben richtiges Glück gehabt“, führte er Beispiele aus Regionen in Deutschland an, wo durch Käferbefall in kürzester Zeit riesige Fichtenbestände vernichtet wurden. Im Ameler Gemeindewald bei Hepscheid und Bracht wurden den Teilnehmern Ansätze einer kahlschlagfreien Waldbewirtschaftung und damit der Holzernte unter erschwerten Bedingungen gezeigt: „Das ist Waldbau, da ist fachliches Können gefragt“, so Christoph Pankert und wies auf die Höhenunterschiede der Bepflanzung und die Vielfalt, die durch die natürliche Naturverjüngung entstanden sind. Im Staatswald bei Buchholz wurde den Verantwortlichen dann das Ergebnis von 30 Jahren kahlschlagfreier, naturnaher Waldbewirtschaftung gezeigt. „Das ich so etwas Herrliches heute noch sehe, hätte ich nicht gedacht“, zeigte sich Georg Josef Wilhelm begeistert von Grün auf allen Ebenen unter den mutmaßlich ältesten Fichtenbeständen (170 Jahre!) in Belgien und – wie er sagt – „differenzierteren ökologischen Verhältnissen“.
„Das möchten wir auch gerne in den Gemeindewäldern etablieren“, blickten die Forstbeamten voraus, auf die Empfehlungen, die sie für den nächsten Forsteinrichtungsplan aussprechen möchten: keine einschichtigen, einförmigen Nadelholz- bzw. Fichtenbestände mehr, sondern Mischbaumarten, vor allem mit einheimischen Arten, die „unter Schirm“, d.h. unter den höher gewachsenen Fichten angesiedelt werden und eine stärkere Nutzung der natürlichen Verjüngung. „Wir müssen die Rentabilität im Auge behalten“, mahnen die Vertreter der Gemeinden, wenn sie hören, dass der flächige Maschineneinsatz durch anspruchsvolleren Waldbau ersetzt werden soll und wenn von weitläufigen Zäunen und anderen Investitionen die Rede ist.
Langfristig gehen die Experten von einer höheren Produktivität und betriebswirtschaftlichen Vorteilen aus, wenn die sogenannten Reinbestände durch Mischbestände ersetzt werden. „Wenn es mit der Fichte schiefgeht, und Sie einen Nullstart machen müssen, ist es schwieriger. Dann haben Sie eine riesige Investitionsverpflichtung“, rät Georg Josef Wilhelm dazu, auf jeden Fall einen Plan B und sogar einen Plan C in der Tasche zu haben im Hinblick auf das Risikopotenzial der Fichte. „Jahrelang sind die Wälder wie ein Steinbruch behandelt worden. Man ist mit großem Gefährt hineingefahren und hat so viel wie möglich herausgeholt ohne angemessen zu reinvestieren“, sagt Christoph Pankert. Das könne nicht der richtige Weg für den Wald der Zukunft sein..
Neben dem Bereitstellen von ausreichenden Geldmitteln – als Anhaltspunkt steht ein Reinvestitionsatz von 25 Prozent im Raum – erging am Samstag der klare Appell an die Politik, klare Prioritäten für die Nutzung des Waldes zu setzen und beispielsweise der Jägerschaft klare Regeln zu kommunizieren. „Man kann es nicht allen recht machen und wir wissen, dass es teilweise sehr unschöne Diskussionen mit einigen Jägern gibt. Aber es muss effizient gejagt werden. Im Moment haben wir mancherorts einen regelrechten Zoo in unseren Wäldern“, bemängeln die leitenden Forstbeamten und werfen einen bangen Blick über die Grenze nach Deutschland, wo mittlerweile wahre Rotwildherden unterwegs seien und für Schäden durch Rindenschäle und Verbiss sorgen. Es seien politische Entscheidungen notwendig, um dieses Problem in den Griff zu bekommen.
Die Gemeinde Amel ordnet in ihrem Gemeindewald Ende dieses Jahres mehrere Verwaltungsjagden an, falls die Abschussvorgaben in bestimmten Jagdlosen bis Anfang November nicht erreicht werden.. Auch der Wolf, ein viel diskutiertes Thema, könne helfen, die Wildbestände in den Griff zu bekommen. „Aber er kann das Schalenwildproblem nicht alleine lösen“, sagen die Experten.
Die Abschusspläne würden mit Blick auf seine Präsenz entsprechend angepasst.
Mit der Rückfahrt durch eines der schönsten Täler der Region, das Frankental nahe Buchholz endete die Exkursion und ein Vormittag, der die unterschiedlichen Erwartungen an und Ideen für den Wald noch einmal deutlich gemacht hatte. Am Forstpavillon Buchholz wurde engagiert weiterdiskutiert – nicht zum letzten Mal.
(Quelle: GrenzEcho)
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